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Shurima Tip

Kurzgeschichte • 25 Minuten zu lesen

Zwielicht der Götter

Von Graham McNeill

Im Schutze der Nacht erreichten sie eine tote Stadt, die sich im Schatten des Berges befand.


Lore[]

Im Schutze der Nacht erreichten sie eine tote Stadt, die sich im Schatten des Berges befand. Jede der Armeen setzte sich aus tausend Kriegern zusammen und sie alle trugen blutige Totems mit sich, die von der uralten Abstammung des Aufgestiegenen der Sonnengeborenen zeugten, der sie anführte.

Die Stadt und die Knochen ihrer einstigen Bewohner waren schon seit langem eins mit der Wüste geworden und es war unmöglich, ihre Asche vom Sand zu unterscheiden. Nur ihre höchsten Türme ragten noch aus den Dünen empor und ihre zerrütteten Spitzen sangen wehmütige Lieder, wenn der Wind von den Gebieten fernab der Berge durch sie zog. Auf einem zersplitterten Sockel standen zwei körperlose Beine aus Stein und das unmenschliche Antlitz eines vogelartigen Geschöpfs lag nicht unweit von ihnen halb im Sand begraben.

In einer lang vergangen Zeit hatte in dem Tal, in dem die Stadt errichtet wurde, ein äußerst bedeutender Augenblick stattgefunden.

Er hatte den Anfang von Shurima eingeläutet.

Und gleichzeitig auch sein Ende in die Wege geleitet.

Niemand erinnerte sich mehr an diesen Tag … niemand, außer den Götterkriegern, die ihre Einheiten nun zu den letzten verbleibenden Ruinen dieser Stadt geführt hatten. Dieselben Götterkrieger hatten die Bewohner der Stadt mit ihren Schwertern gerichtet, als ihr Imperator sie verriet. Und mit dem Tod ihres Volkes hatten sie mitangesehen, wie die Stadt niederbrannte und ihr Name von jeder Säule und von jedem Obelisken getilgt wurde, der das Feuer überstanden hatte.

Dieser Akt der Tilgung war für die Krieger jedoch nicht mehr als zwecklose Gehässigkeit.

Zwecklos, da das Kind, das einst von dieser Stadt als Sklave genommen worden war, längst tot war und während seines Lebens nie Erinnerungen an seinen Geburtsort nötig hatte.

Sein Handeln hatte das Imperium zerstört und ihre Bruderschaft in alle Winde zerstreut.

Und so brannten die Götterkrieger Nerimazeth und all seine Einwohner nieder … bis nichts mehr als Asche verblieb.

***

Der Lauf der Zeit hatte der goldenen Schriftrolle ihren Glanz gestohlen.

Ähnlich wie wir, dachte Ta’anari. Sein langer und krallenbewehrter Finger fuhr über die Namen und Zahlen, die auf die Liste geätzt worden waren. Sie war eine sehr detaillierte Aufzeichnung über die Zehntabgaben des neu gegründeten Handelshafens Kha’zhun im Norden.

Neu gegründet …?

Kha’zhun war schon seit Jahrhunderten von Menschen besiedelt und ihre barbarischen Zungen entwürdigten bereits seinen Namen und verwandelten ihn in etwas Neues und Abstoßendes. Der Gelehrte mochte den Inhalt der Schriftrolle einst interessant gefunden haben, doch den einzigen Wert, den sie Ta’anari bot, war ihre fühlbare Verbindung zu einer Zeit, in der die Welt noch Sinn ergeben hatte.

Der Raum war einst eine Halle zur Aufbewahrung von Dokumenten gewesen. Regale reihten sich an seinen Marmorwänden auf, gefüllt von Schriftrollen, die von ausstehenden Tributen an den Imperator, Buchhaltungen seiner Kriege und langen Listen seiner Taten berichteten. Die Halle war ein höhlenartiger Raum gewesen, doch ihre Decke hatte bereits vor Jahrhunderten nachgegeben und Sand füllte nun den Großteil des unterirdischen Lagers.

Ta’anari fühlte einen Luftzug und sah von der Schriftrolle auf.

Myisha stand in der Türöffnung und die schiere Größe des Eingangs ließ sie winzig erscheinen. Wenn Ta’anari noch dazu in der Lage gewesen wäre, aufrecht zu stehen, hätte sein mit schwarzem Fell überzogener Schädel sicherlich den Türsturz gestreift. Ihr Körper war schlank, nahezu zerbrechlich, und doch spürte Ta’anari, dass sie eine Tiefe besaß, die selbst er noch nicht völlig verstand. Goldblondes Haar wie das der Menschen im kalten Norden fiel über ihre Schultern. Ihre Gesichtszüge wirkten jung, doch ihre Augen, eins tiefblau und das andere violett wie das Zwielicht, zeugten von Weisheit, die weit über ihr Alter hinausging. Sie trug leichte und bunte Seide – völlig ungeeignet für die Wüste – und hatte sie an der Hüfte mit einem dünnen Seil zusammengebunden, an dem ein kleiner goldener Schlüssel hing. Ein grellrosa Schal schlang sich um ihren Hals und ihre Fingerspitzen spielten mit den Fransen an seinen Enden.

„Sie sind hier“, sagte sie.

„Wie viele?“

„Neun Einheiten. Fast zehntausend Krieger.“

Ta’anari nickte und ließ seine Zunge über seine gelblichen Zähne fahren. „Mehr als ich erwartet hatte.“

Sie zuckte mit den Achseln und sagte: „Sie alle müssen hier sein.“

„Es wurde zu viel Blut über die Jahrhunderte vergossen“, antwortete er. „Zu viel Hass wurde entfesselt. Der Gedanke, dass es Frieden zwischen uns geben könnte, ist vielen von ihnen ein Gräuel.“

Myisha schüttelte ihren Kopf angesichts solcher Torheit. „So viele sind in diesem endlosen Krieg bereits gefallen. Du hast bereits mehr von deinem Volk getötet, als selbst die grauenhaften Schrecken von sich behaupten können.“

Ein Tadel lag auf Ta’anaris schwerer Zunge, als er ihren respektlosen Ton hörte, doch er behielt ihn für sich. Sie hatte schließlich Recht.

Und war das nicht der Grund, aus dem er sein Volk hierher gerufen hatte?

„Als Azir fiel, war ein Krieg zwischen den Sonnengeborenen unausweichlich“, sagte Ta’anari und legte die Schriftrolle beiseite, bevor er sich von seiner Studie der uralten Geschichte erhob. „Ohne ihn war das Ausmaß unseres Ehrgeizes einfach zu groß für uns. Keiner konnte uns anführen. So viele verschiedene Visionen darüber, wie unsere Zukunft aussehen sollte … und doch war keiner von uns gut genug, sie wirklich umzusetzen.“

„Dann seid ihr und die Sterblichen letzten Endes wohl doch nicht so verschieden.“

Vor langer Zeit hätte er jeden, der so eine Blasphemie auszusprechen wagte, augenblicklich enthauptet, doch Jahrhunderte des Krieges und das gewaltige Ausmaß an Blutvergießen, das sie dadurch auf die Welt losgelassen hatten, war ein klarer Beweis dafür, dass ihre Worte der Wahrheit entsprachen.

Ta’anari erinnerte sich nicht mehr genau an den Zeitpunkt, als sich Myisha ihm als Dienerin angeschlossen hatte. Die Leben von Sterblichen waren so flüchtig, dass er es kaum bemerkte, wenn einer von ihnen starb und durch einen Neuen ersetzt wurde. Myisha hatte seine Aufmerksamkeit jedoch mehr auf sich gezogen, als alle anderen vor ihr. Ihre trotzige Unverschämtheit war Teil seines Interesses, doch das war nicht alles. Sie hatte eine Einsicht in die Gedanken von Sterblichen, die er und sein Volk in dem Moment verloren hatten, als sie ihre Menschlichkeit für größere Macht eingetauscht hatten.

Ta’anaris Zeit als Mensch lag bereits sehr lange zurück. Er erinnerte sich kaum noch an die Eindrücke eines Sterblichen oder ihre Wahrnehmung des unaufhaltsamen Marsches der Zeit. Uralte Magie und die Schmiede der Sonnenscheibe hatten ihn neu erschaffen. Seine rohe Form und sein menschliches Fleisch waren zu einem Gott geformt worden.

Einem fehlerhaften und gebrochenen Gott … aber ohne Frage dennoch zu einem göttlichen Wesen.

Sein in eine Bronzerüstung gehüllter Körper glich dem eines Panthers und zeugte selbst in seinem von Alter und Kriegen gebeutelten Zustand immer noch von großer Macht. Das Fell auf seinem Oberkörper war einst schimmernd schwarz gewesen, doch sowohl seine Schnauze als auch seine Gliedmaßen waren übersät mit grauen Härchen, obwohl er bereits sein Bestes gegeben hatte, sich wieder in Form zu bringen. Ta’anaris Blick hatte einst ganze Armeen eingeschüchtert, doch heute war eine seiner Augenhöhlen vernarbt und ein gesprungener Rubin hatte den Platz seines Auges eingenommen. Die katzenhafte Pupille seines zweiten Auges war bernsteinfarben und wässrig in seiner Verzweiflung. Sein Rückgrat hatte sich nach einem mächtigen Axthieb verzogen, den er sich im Kampf um den Fluss Khaleek zugezogen hatte. Der Schlag war so wild gewesen, dass selbst seine feurigen regenerativen Kräfte nicht dazu in der Lage gewesen waren, den Schaden vollständig zu heilen.

Er griff nach seiner Waffe, die er auf dem Tisch abgelegt hatte – ein wunderschön gearbeiteter Chalicar mit vier Klingen. Er konnte fühlen, dass seine tödlichen Schneiden immer noch perfekt ausbalanciert waren, doch mehr noch fühlte er, wie sehr die Erwartungen, für die diese Waffe stand, auf seinen Schultern lasteten. Er seufzte und verstaute sie in seinem Schultergurt, bevor er zu Myisha hinkte.

Obwohl Zeit und alte Wunden seinen Körper gestaucht hatten, überragte Ta’anari sie immer noch merklich. Der Krieg der Sonnengeborenen – ein Name, den andere bereits in etwas wesentlich Dunkleres verwandelt hatten – hatte ihrem Volk einen unermesslich hohen Blutzoll abgefordert und doch fürchtete sie ihn nicht.

Manchmal spürte er, dass sie ihn etwas bemitleidete.

An anderen Tagen merkte er eine tiefe Verachtung.

Sie legte eine kleine, haarlose Hand in seine gewaltige Pfote. „Du bist trotz allem immer noch ein Götterkrieger, Ta’anari“, sagte sie. „Erinnere sie daran, wofür dein Volk einst stand und du wirst sie für dich gewinnen.“

„Und wenn sie nicht zuhören?“

Sie lächelte. „Ganz einfach. Dann tötest du sie alle.“

Seine Lebensträger warteten in der sandgefüllten Vorkammer auf ihn. Einst waren sie Königinnen und Herrscher sterblicher Imperien gewesen, doch im Angesicht von Ta’anaris unbesiegbarer Armee hatten sie ihm ihre Treue geschworen.

Besser mit einem Götterkrieger zu kämpfen, als von einem vernichtet zu werden.

Teushpa verbeugte sich, als er sich näherte. Ihre muskulösen Arme waren übersät mit Tattoos und behangen mit Jadearmbändern. Sie war trotzig, aber dennoch loyal, und hatte ihr Blut als Letzte dargeboten. Sulpae war ein Kind der Wüste und ihre Blutlinie reichte bis zur Zeit vor Azirs Vater zurück. Sie stieß ihren langen Speer zu Boden, als sie ihn erblickte. Ihr rasierter Schädel war mit einem Netz aus Narben versehen und goldene Perlen schmückten jeden Schnittpunkt der Linien.

Idri-Mi, kräftig und stolz, ruhte ihre mit einem langen Griff versehene Axt auf ihrer Schulter. Die zweiflüglige Klinge war so schwer, dass die meisten Männer sie nicht anheben konnten. Sie war eine Königin aus dem Osten, deren Mutter und Großmutter bereits für ihn gekämpft hatten. Ihre bleiche Haut glich Elfenbein und ihre langen schwarzen Haare waren mit silbernen Haken versehen.

Ta’anari hielt vor den drei Kriegerinnen an.

Sie waren nicht seine Leibwächter. Er war nicht auf den Schutz von niederen Wesen angewiesen. Sie dienten als Symbole seines Willens, dass er selbst stolze Krieger unterwerfen konnte, die ihn tot sehen wollten und die dazu in der Lage waren, ihn womöglich tatsächlich zu verletzen.

Die Brüder und Schwestern seiner gefallenen Bruderschaft würden ihre Lebensträger ebenfalls mitbringen, doch sie konnten seinen Begleitern nicht das Wasser reichen.

Trotzdem sah keine der Frauen zu ihm auf, als er zu sprechen begann. Es kam einem Todesurteil gleich, den Blick eines Götterkriegers zu erwidern.

„Ich habe im Laufe der Jahrhunderte viele Lebensträger gesehen, doch ihr werdet meine Letzten sein“, sagte Ta’anari. Er ließ seinen Blick über ihre Gesichter auf der Suche nach einer Reaktion schweifen, doch Jahre der Unterwürfigkeit hatten ihnen die Schwäche von Emotionen ausgetrieben. Sie waren so ausdruckslos wie die gefallenen Statuen, die in den Ruinen der toten Stadt verteilt waren. „Ich bin mir dem absolut gewiss. Das geduldige Schimmern in euren Augen und die Albträume, die durch meinen Schädel rasen, wenn Myishas Elixiere ihre Wirkung verlieren, sind Beweis genug. Ihr seid mir treu ergeben, doch ihr hungert nach meinem Tod.“

War das ein Flackern in Teushpas Augen? Vor langer Zeit hätte er ihr für diesen Kontrollverlust das Fleisch von den Knochen genagt, doch seine Begierde nach Gemetzel war mit den Jahrhunderten abgeflaut.

„Ich kann euch dafür keinen Vorwurf machen“, fuhr er fort. „Was haben wir euch je geboten außer Tod und Schrecken? Vor langer Zeit retteten die Sonnengeborenen diese Welt zu einem schrecklichen Preis, doch jetzt haben wir sie an den Rand des Untergangs gebracht. Die Tage des Ruhms der Aufgestiegenen sind lange vorbei und werden von der Dunkelheit unserer Kriege und den flüchtigen Erinnerungen von euch Sterblichen überschattet.“

In die letzten Worte schlich sich eine Verbitterung, aber er war sich bewusst, dass er und seine Brüder dieses Schicksal selbst über sich gebracht hatten. Überheblicher Stolz, vom Krieg zerrüttete Seelen und uralte Fehden hatten das Metall für die Klingen geliefert, die schließlich die Ketten ihrer Pflicht durchtrennten.

Ta’anari stieß einen schaudernden Atemzug aus. Über eintausend Jahre lang hatte er gegen diesen Moment angekämpft, doch nun war er gekommen. Er wusste, dass er den Tod nicht fürchten musste.

„Falls ihr diese Nacht überlebt, werdet ihr den Morgen in Freiheit begrüßen. Kehrt mit dem Aufgang der Sonne zu euren Stämmen zurück und berichtet ihnen von dem, was sich hier zugetragen hat.“ Er wendete sich ab. „Ist alles vorbereitet, Myisha?“

„Ja. Sie warten im Amphitheater.“

Ta’anari nickte. „Dann lasst es uns zu Ende bringen.“

Dieser Ort war nicht als Amphitheater gedacht gewesen. Einst wurde er als Marktplatz von Nerimazeth genutzt, aber Ta’anaris Sklaven hatten ohne Unterlass geschuftet, um diesen Ort aus der Umarmung des Wüstensandes auszuheben. Seine Magie hatte den Sand schließlich mit einer solcher Hitze geformt, dass er letzten Endes verglast war. Jetzt war der Platz eine Arena aus Glas, ein rauchig schwarz, seegrün und überirdisch schillernder Krater. Seine Oberfläche fing das sanfte Mondlicht ein und reflektierte es in schwebenden Schleiern aus Silber.

Ta’anari betrat die Arena durch einen ausladenden Bogen, der wie eine in der Zeit festgefrorene Welle wirkte. Wie es bei einer solchen Versammlung aus Göttern und ihrer Armeen nur zu erwarten war, lag die Spannung schwer in der Luft.

Zehntausende Männer und Frauen füllten die Stufen der Arena und die Champions der Götterkrieger hatten sich unter ihnen versammelt. Keine Klingen waren gezogen, aber jeder von ihnen war bereit, ein brutales Blutbad zu entfesseln, wenn ihr Herr den Befehl dazu geben sollte.

Ta’anari ließ seinen Blick über die anderen Sonnengeborenen schweifen. Seine Brüder und Schwestern. Ihre Bande aus Liebe und Pflichtgefühl hatten sich mit der Zeit als zerbrechlich wie Glas erwiesen. Unvorstellbare Kraft hatte ihre Körper verformt, entliehen von einem Ort, der sich jeglicher Vorstellungskraft entzog, und ihr sterbliches Fleisch wurde auf Arten verändert, die kein lebendes Wesen imitieren konnte.

Unser Verstand blieb jedoch menschlich, dachte er, und erschreckend schwach.

Syphax’ Blick war verständnisvoll. Zignatus verströmte Abscheu. Xuuyan kochte sichtlich in seiner Verachtung. Es war Xuuyans Axt gewesen, die Ta’anaris Rücken in Khaleek verkrüppelt hatte. Der schildkrötenartige Götterkrieger spuckte auf den Boden, als Ta’anari in die Mitte des Amphitheaters hinkte.

Shabaka und Shabake, die rabenhaften Zwillingsseher, sahen nicht einmal auf. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, Schnitzereien aus Fingerknochen für neue Weissagungen vorzubereiten. Valeeva beobachtete Ta’anari mit derselben überheblichen Geringschätzung wie ihr Bruder – das einzige Mitglied ihrer zerrütteten Bruderschaft, dessen Abwesenheit er begrüßte.

Cebotaru der Wolf schritt auf und ab. Er schien es nicht abwarten zu können, diese Versammlung endlich hinter sich zu bringen. Seine Armeen hatten den fernen Norden und Länder jenseits der westlichen Meere verwüstet. Von all seinen Brüdern und Schwestern war Cebotaru derjenige, der diese blutige Pattsituation am ehesten beenden könnte.

Naganeka aus Zuretta sah dem Ganzen aus dem Schatten ihrer Kapuze zu. Eine lange, geschuppte Robe verhüllte ihren gewundenen Körper. Ihre von Gift geblendeten Lebensträger waren bereit, ihre Worte weiterzuleiten, sollte sie sich dazu herablassen, überhaupt etwas zu sagen. Keiner von ihnen hatte ihr zischendes Geflüster in über fünfhundert Jahren gehört.

Nur Enekai brachte ihm Achtung entgegen. Er trat vor, seine Haut gemustert mit neuen Streifen aus leuchtendem Orange und Schwarz. Im Gegensatz zu Ta’anari – krumm und gebeugt – trug Enekai sein hohes Alter mit Stolz. Seine Augen waren klar und seine Stärke von den vielen Jahren des Kriegs ungebrochen. Vor langer Zeit hatten sie die goldenen Stufen zur Sonnenscheibe zusammen erklommen. Hand in Hand hatten sie das brennende Licht empfangen, als es sie mit himmlischer Stärke erfüllte. Enekai hatte Ta’anaris verwundeten Körper während ihres Rückzugs aus Icathia getragen, hatte zusammen mit ihm im Schlamm von Khaleek gekämpft und sich ihm als Feind am Gletscherhafen gestellt.

Wenn man so lange lebt wie wir, dreht sich das Rad viele Male.

Enekai ergriff Ta’anaris Pfote. „Ta’anari.“

„Enekai.“

Mehr musste nicht gesagt werden. Die Fülle an Erfahrung, Freude, Verlust und Kummer, die sich zwischen ihnen über mehrere Lebzeiten hinweg angesammelt hatte, steckte in diesem kurzen Austausch. Sie waren Wesen, die als Götter aufgezogen wurden. Belanglose Worte waren unter ihrer Würde.

Enekais Augen verengten sich, als er die Waffe erblickte, die Ta’anari auf dem Rücken trug. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber Ta’anari schüttelte nur unmerklich den Kopf.

„Ich hoffe, du weißt, was du tust“, murmelte Enekai und kehrte zu seinem Platz am Rand des Amphitheaters zurück.

Ta’anari holte tief Luft. Er hatte diesen Augenblick im Laufe der Jahre viele Male geprobt und wusste, dass ein einziges falsches Wort alles beenden konnte, bevor es überhaupt begonnen hatte. Sein Volk bestand aus Götterkriegern und sie alle besaßen die hochmütige Arroganz und das hitzige Temperament, die Wesen mit solch einem Ego eigen waren.

„Brüder und Schwestern“, sagte er, wobei seine Worte durch die mit Magie hergestellte Akustik im gesamten Amphitheater widerhallten. „Eine solche Versammlung der Sonnengeborenen hat es seit der Auslosung der Tausend vor den Mauern von Parnesa nicht mehr gegeben.“

Er sah Nicken in ihren Reihen. Die lebhafte Erinnerung berührte etwas in ihnen und schürte die verglimmende Glut ihrer Seelen, während sie sich an das erinnerten, was sie einst gewesen waren.

Baue jetzt darauf auf. Sprich, als würdest du zu jedem einzelnen von ihnen sprechen.

„Ich sehe mich um und sehe Stärke“, fuhr er fort und übermittelte jedes Wort mit Leidenschaft und Überzeugung. „Ich sehe Götter, wo einst Sterbliche wandelten – Wesen von edlem Aspekt, mächtig und der Ergebenheit würdig. Manche behaupten, unsere alte Bruderschaft sei gescheitert. Sie benutzen die uralte Sprache, um uns Düstere zu nennen, aber euch hier zu sehen, zeigt die Lüge dieses Worts auf.“

Ta’anari hielt inne und ließ seine Schmeichelei auf seine Zuhörer wirken. Für die meisten war es nur Gefasel, denn Chöre von gequälten Untertanen sangen Tag und Nacht ihre Loblieder … unter Todesangst.

Aber wenn er damit den Rest von ihnen für sich gewinnen könnte, war es das wert.

„Ihr erinnert euch alle an die Zeit, als wir Schulter an Schulter marschierten und Setaka unser Heer von Aufgestiegenen anführte, um das Reich des Imperators bis an die Grenzen der Welt auszuweiten. Ich weiß, dass ich mich gut daran erinnere. Es war ein Zeitalter des Ruhms, ein Zeitalter der Helden! Cebotaru, du und ich, wir ritten Drachen des Zwielichts bis zum höchsten Gipfel der Welt, wo alle Zeit eins ist, und wurden Zeugen der Erschaffung des Universums.“

Er drehte sich um und streckte seine Hand zu Syphax aus.

„Syphax, mein Bruder, wir kämpften gegen die Monster des Abgrunds, als sie aus dem Meeresspalt an der Ostküste strömten. Wir kämpften zehn Tage und Nächte bis an die Grenzen unserer Belastbarkeit, aber wir drängten sie zurück. Wir triumphierten!“

Syphax nickte und Ta’anari sah, wie sich die Erinnerung an diesen Krieg in Wellen von Purpur, Schwarz und Rot durch sein geschupptes Fleisch kräuselten.

„Ich spreche nicht von dieser Zeit“, sagte Syphax, seine vielen Augen in Rauch verhüllt. „Siebentausend goldene Krieger von Shurima sind an der roten Küste gestorben. Nur du und ich sind lebend zurückgekehrt.“

„Ja, wir haben einen schrecklichen Preis für diesen Sieg bezahlt, Bruder – in Fleisch und Geist. Aber welch ein Kampf das war! Der Ozean selbst wurde zu Ehren unserer Taten an diesem Tag von den Sterblichen umbenannt.“

Syphax schüttelte den Kopf. „Deine Erinnerung hat die Schrecken ausgelassen, die wir an diesem Tag erlebt haben, Ta’anari. Rede ruhig weiter von Ruhm. Aber ich will davon nichts hören. Wenn ich meine Augen schließe, höre ich immer noch die Schreie derer, die wir zu jener Zeit verloren haben. Ich erlebe den Moment erneut, in dem diese … Abscheulichkeiten sie getötet haben. Schlimmer sogar! Ich sehe, wie sie sie von dieser Welt tilgten und ihre Seelen verschlangen. Verschone mich also mit deinen vergoldeten Erinnerungen, denn das sind nicht die meinen.“

„Ja, es waren Tage voller Blut und es mag sein, dass ich sie verherrliche“, erwiderte Ta’anari. „Aber ich spreche davon, wie die Welt uns kennen und sich an uns erinnern sollte. Als mächtige Helden, die die Welt als Anführer von unbesiegbaren Armeen dominierten und von einem unsterblichen Imperator befehligt wurden, der –“

„Aber Azir ist gestorben“, protestierte Xuuyan und stieß seine mächtige Axt hart genug auf den Boden, sodass das Glas unter ihr zersplitterte. „Er starb und ohne ihn an unserer Spitze zerstritten sich die Sonnengeborenen in blutigen Kriegen. Was früher war, ist jetzt nur noch Staub und Asche. Es ist bedeutungslos. Wenn du denkst, dass du diesen Konflikt mit goldenen Erinnerungen beenden kannst, dann bist du dem Wahnsinn noch mehr verfallen als wir alle.“

„Uns alle daran zu erinnern, was wir einst waren, ist nur ein Teil des Grundes, warum ich euch hierhergebracht habe“, sagte Ta’anari.

„Dann nenne uns deine Absicht oder lass uns mit dem gegenseitigen Abschlachten fortfahren.“

Ta’anari wollte sich aufrichten, scheiterte aber, als die verdrehten Knochen in seinem Rücken wie ein gebogener Ast knacksten. Schmerz schoss durch seine Wirbelsäule wie die kratzenden Krallen eines Schreckens aus der Leere.

„Es ist die alte Wunde, Xuuyan“, sagte er. „Sie ist nie richtig verheilt. Am Khaleek, erinnerst du dich?“

„Natürlich erinnere ich mich, Krüppel“, knurrte Xuuyan. „Ich erinnere mich an jeden Schwung, den ich je getroffen habe, seitdem ich aus dem Licht der großen Scheibe getreten bin. Es gibt niemanden von uns hier, der nicht von großen Taten oder Vertrauensbrüchen an der Seite derer, die wir einst Brüder und Schwestern nannten, sprechen kann.“

„Du und ich, wir verblieben an der Grenze, wo einst Icathia stand. Du hast mir mehr als einmal das Leben gerettet.“

„Diese Zeiten sind jetzt Geschichte“, zischte Cebotaru, seine Worte waren durch die fortschreitende Entstellung seines Unterkiefers verzerrt. „Und sie müssen auch in der Vergangenheit bleiben.“

„Warum?“, forderte Ta’anari und ging auf ihn zu. „Warum müssen sie in der Vergangenheit bleiben? Sind wir nicht die Aufgestiegenen von Shurima? Wir sind keine bloßen Avatare, wir sind Götter! Was ist real, wenn nicht das Ergebnis unserer Entscheidungen? Jeder von uns könnte diese Welt beherrschen, aber stattdessen sind wir kleinlichen Zankereien verfallen und führen Kriege aus Gründen, die inzwischen ihren Sinn verloren haben, selbst für die Wenigen unter uns, die sie noch nennen könnten.“

Er schritt auf und ab und sein Ton wurde ungewollt einschüchternd und vorwurfsvoll.

„Zigantus, du hast geglaubt, dass wir uns aus den Ruinen neu erheben könnten, um Azirs Vermächtnis fortzusetzen. Enekai, du hast versucht, ein neues Königreich zu errichten. Valeeva, du und dein Bruder sahen Boshaftigkeit in jedem von uns und suchten Rache für echte und eingebildete Kränkungen.“

„Oh, sie waren echt“, zischte sie. Ihre Alabasterhaut war mit violetten Adern durchzogen und ihre giftigen Stacheln ragten aufrecht aus ihren Schultern.

Ta’anari ignorierte sie. „Jeder von uns sah einen anderen Weg für die Zukunft, aber statt unsere Kräfte zu nutzen und gemeinsam etwas Göttliches zu erschaffen, kämpften wir untereinander wie Aasfresser um eine frische Leiche. Ja, Setaka war schon lange tot und wir werden sie nie wiedersehen. Ja, Azir wurde verraten und unser Reich lag in Trümmern, sein Volk zerstreut und verängstigt. Shurima brauchte einen starken Anführer, um zur Wiedergeburt zu finden, aber nur wir verblieben, zerbrochene Monster, die zu lange in den Abgrund gestarrt hatten und durch seine Schrecken dem Wahnsinn und der Selbstzerstörung verfallen waren.

Anstatt das Reich wiederaufzubauen, kämpften wir untereinander, um die letzten Reste des toten Imperiums, und brannten den Rest der Welt nieder. Selbst jetzt würden wir eher der Vernichtung allen Lebens mitansehen, als einem gemeinsamen Zweck zu folgen. Alleine sind wir mächtig, aber zusammen …? Es gibt nichts, was wir zusammen nicht erreichen könnten. Nichts. Wenn wir wollten, könnten wir die Himmelstore stürmen, diese aschfahle Welt hinter uns lassen und ein neues Imperium jenseits der Sterne schmieden!“

Ta’anaris Stimme sank, erfüllt von Bedauern.

„Aber wir tun es nicht. Wir lassen uns auf das Niveau der niederen Wesen herab. Wir schlachten uns gegenseitig in einem Krieg ab, der bereits viel länger andauert, als alle Kriege, die wir jemals geführt haben.“

Seine Stimme erhob sich erneut und drang auch bis in die letzten Ecken des Amphitheaters vor.

„Aber so muss es nicht sein! Nicht länger!“

Ta’anari griff über seine Schulter und löste den Chalicar. Beim Anblick der uralten Waffe lief ein schockiertes Gemurmel durch das Amphitheater.

„Ihr alle erinnert euch daran“, sagte er. „Es ist die Waffe von Setaka, der Größten und Edelsten von uns allen. Sie wurde von jenseits des Berges hierhergebracht und bei Shurimas Geburt gen Himmel erhoben. Es ist die Klinge, die irgendwann von Sivunas Alahair, dem Regenbringer, getragen werden wird. In seinen Händen wird sie eine Waffe großer Zerstörung oder ein Symbol der Einheit sein.“

Er hielt den Chalicar gut sichtbar für sein Publikum empor. Seine Schneiden glitzerten golden, geformt durch kosmische Energien jenseits dieser Welt und durch Kräfte, die nicht einmal die weisesten Gelehrten Shurimas verstanden. Ta’anari sah ihre Verehrung, ihre Ehrfurcht und ihren Stolz.

Aber vor allem sah er ihren Wunsch, diese Waffe zu besitzen. Xuuyan ging einen Schritt auf ihn zu.

Natürlich war es Xuuyan.

Der Götterkrieger ließ seine Axt wirbeln und Ta’anari erinnerte sich an den schrecklichen Schmerz, als die Obsidian-Klinge seine Rüstung gespaltet und seine Wirbelsäule zerschmettert hatte.

„Ich werde dich töten und ihn deinen leblosen Händen entreißen“, verkündete Xuuyan, sein Schnabel zu einem breiten Grinsen verzogen. „Bin ich dann der Anführer?“ Sein chitinartiger Panzer wölbte sich an seinen Schultern, übersät mit Auswüchsen aus Knochenstacheln und eisernen Klingen. Selbst in seinen besten Jahren hatte Ta’anari ihn nicht besiegen können.

Aber was am Khaleek geschehen war, lag viele Jahrhunderte zurück und Ta’anari hatte seitdem einige neue Tricks gelernt.

„Wirst du damit gegen mich kämpfen?“, fragte Xuuyan und deutete mit seiner Axt auf den Chalicar.

„Nein“, widersprach Ta’anari und drehte sich um, um ihn Myisha zu überreichen.

Er war fast zu schwer für sie, aber sie zwinkerte und er spürte erneut eine unberechenbare Belustigung von ihr. Es schien ihm fast so, als ob der Anblick von Göttern, die kurz vor einem Kampf standen, sie amüsierte.

Xuuyan höhnte. „Womit dann? Willst du dich mir unbewaffnet entgegenstellen? Ist es das, was du willst? Willst du hier sterben, vor den Augen deiner Mitgötter?“

„Nein, auch das nicht.“

„Weißt du was? Deine Gründe sind mir gleichgültig“, sagte Xuuyan. „Ich werde beenden, was ich am Fluss begonnen habe.“

Sein Ansturm war wie eine Lawine – ein grollender, unaufhaltsamer Donner, der ebenso tödlich wie unausweichlich war. Ta’anari hatte gesehen, wie er damit ganze Phalangen durchbrochen, Riesen zu Fall gebracht und Festungstore zertrümmert hatte.

Ta’anari ließ sich auf ein Knie fallen und legte seine Handflächen auf den glasigen Boden des Amphitheaters. Er spürte magische Ströme, die durch seine Struktur flossen, goldene Fäden der Macht, die ihn mit jedem darauf stehenden Lebewesen verbanden. Die Sterblichen waren wie winzige Funken, die von einem Feuer aufwehten. Sie waren flüchtig und belanglos, doch die Götterkrieger waren wie neugeborene Sonnen wilder Magie.

Er nutzte ihre Macht, genau wie Myisha es ihm beigebracht hatte. Er entzog einen Teil von Shabakas und Shabakes verfluchter Voraussicht und spürte, wie sich ihre fremden Sinne in ihm wanden. Kurz darauf durchströmte die echsenhafte Schnelligkeit von Syphax seinen uralten Körper. Dann der Zorn von Zigantus und Enekais Sinn für einen rechtschaffenen Zweck.

Ta’anari schloss seine Augen und war sich bewusst, wo Xuujans wilder Schlag landen sollte.

Er schwang sich zur Seite und die Klinge sauste um Haaresbreite an seiner Kehle vorbei. Xuuyans Schwung glich einem Donnerschlag, doch Ta’anari drehte sich um und griff nach einem der gewundenen Panzerhörner seines Angreifers. Er sprang auf Xuuyans Rücken und sein einstiger Bruder brüllte vor Zorn auf.

Der Götterkrieger vollführte eine Rolle, um Ta’anari abzuwerfen, aber dieser hielt sich eisern fest. Das unfreiwillige Geschenk der Seherzwillinge erlaubte es Ta’anari, jede wilde, buckelnde Bewegung seines Gegners vorherzusehen. Xuuyan drehte den Griff seiner Axt und schwang sie über seine Schulter wie die Stachelpeitsche eines wahnsinnigen Büßers. Ta’anari rollte zur Seite, als die Klinge aufprallte und sah, wie sie sich in Xuuyans unnatürliche Rüstung bohrte und ein klaffendes Loch zurückließ.

Der Sonnengeborene heulte vor Wut und riss die Klinge mit einem Blutstrahl aus seinem verhärteten Fleisch. Eines seiner Hörner hing an sehnigen Fäden und Ta’anari riss es aus dem Panzer. Seine Spitze, elfenbeinweiß und gebogen wie ein Krummsäbel, war mit Eisen ummantelt und scharf wie eine Nadel.

Xuuyan prallte mit einem hämmernden Einschlag gegen die Wand des Amphitheaters, die in wirbelnde, rasiermesserscharfe Glassplitter zerbrach. Dutzende sterbliche Körper stürzten in die Arena, nur um von den kämpfenden Götterkriegern zertrampelt zu werden. Xuuyan schleuderte Ta’anari von seinem Rücken. Er landete hart auf dem Boden und hielt immer noch das gespitzte Horn in der Hand.

Xuuyan drehte sich um und schwang seine Axt in einem Scharfrichterschlag auf ihn nieder, doch Ta’anari sprang zur Seite und der Boden explodierte in einem Schwall aus Glasmessern. Xuuyan stampfte mit seinem knorrigen Fuß auf seine Brust und drückte ihn zu Boden. Ta’anari spürte, wie seine Rippen zerbarsten und ein Splitter seine Lunge durchbohrte. Das Gewicht war kolossal und konnte ihn wie ein Insekt zerquetschen.

„Der Chalicar wird mir gehören!“, schrie Xuuyan.

Der ledrige, helmartige Schädel des Götterkriegers streckte sich aus seinem Panzer. Sein Hals war blass und dick, übersät mit pulsierenden Arterien. Seine seelenlosen, schwarzen Augen traten bei der Aussicht auf die Vernichtung eines weiteren Rivalen hervor. Gemäß seinen Worten wollte Xuuyan beenden, was er am Ufer des Flusses Khaleek begonnen hatte.

„Nein“, grunzte Ta’anari durch blutverschmierte Zähne. „Das wird er nicht.“

Er entfesselte eine Welle neu erlernter Kraft, die dem Rest seines Volkes unbekannt war. Er blinzelte –und ein schreckliches Gefühl übermannte ihn. Er stürzte durch einen endlosen Strudel. Einen Tunnel umgeben von schrecklichen Monstern, die direkt hinter seiner Schwelle lauerten …

Das Gefühl hielt nur für den Bruchteil einer Sekunde an, aber es kam ihm wie Jahrzehnte vor.

Er öffnete seine Augen und fand sich über Xuuyan wieder, als die tödliche Axt in Richtung Boden sauste. Ein heftiger Knall verdrängter Luft hallte hinter ihm zurück, als sich das flüchtige Portal schloss.

Ta’anari hob das blutige Horn über seinen Kopf und stieß es tief in Xuuyans Auge.

Die Spitze bohrte sich tief in den Schädel des Götterkriegers, als Ta’anaris unmenschliche Stärke die gesamte Länge des Horns in Xuuyans Gehirnmasse zwängte.

Es war ein heftiger Todesstoß, aber Xuuyan verblieb aufrecht, sein aufgestiegenes Fleisch wollte noch nicht akzeptieren, dass es tot war. Ta’anari brachte sich in Sicherheit, als der riesige Götterkrieger mit dem Geräusch eines Bergrutsches auf die Knie sackte. Xuuyan rollte zur Seite und sein verbliebenes Auge starrte seinen Mörder mit stummem Unverständnis an. Sein Schnabel bewegte sich immer noch, doch es kam kein Laut hervor.

Ta’anari atmete heftig, seine Lungen waren blutgetränkt. Er hörte Myisha vor Freude aufschreien und klatschen – wie eine stolze Lehrerin, zufrieden mit dem vollen Erfolg eines ihrer Schüler.

Der Klang widerte ihn an.

Selbst wenn die Dinge genau wie geplant gelaufen wären, war er davon ausgegangen, dass er mindestens einen seiner Brüder töten musste. Aber er hatte diese Aussicht keinesfalls genossen. Er und Xuuyan hatten sich nie nahgestanden, aber sie hatten Seite an Seite für den Ruhm von Shurima gekämpft, damals, als die Sonne sie segnete und ihre Körper mit Stärke füllte.

Er kniete sich neben seinen gefallenen Gegner und legte eine pelzige Hand auf seinen Kopf. Blut schimmerte mit dem Licht von Drachen geschmiedeter Sterne. „Es tut mir wirklich leid, Bruder“, flüsterte er.

Ein schmerzerfülltes Gebrüll brach unter Xuuyans Champions aus. Sie trauerten nicht um ihren gefallenen Gott – Xuuyan war dafür zu verhasst – und verlangten ebenso wenig nach Rache. Ihr Gebrüll verlieh der Verzweiflung Ausdruck, dass ihre Leben nun verwirkt waren. Mörderische Klingen glitten aus den Scheiden der Kriegstruppen zu ihren Seiten.

Die Götterkrieger hatten ihre Sklaven gut unterwiesen.

Männer ohne einen Gott, der sie beschützen konnte, waren nichts anderes als Ungeziefer, das ausgerottet werden musste. So besagten es die Lehren schon immer.

„Halt!“, schrie Ta’anari. „Champions, bändigt eure Klingen!“

Diese Kriegstruppen waren nicht die Seinen, aber er war ein Sonnengeborener und die gewaltige Autorität in seiner Stimme ließ sie innehalten. Die anderen Götterkrieger betrachteten sprachlos das Ergebnis von Ta’anaris Schauspiel. Naganeka von Zuretta schlängelte sich nach vorne und beugte ihren Oberkörper, um Xuuyans erkaltende Leiche zu untersuchen. Bleicher Rauch stieg von seinem Körper auf, während die himmlischen Energien bereits aus den sterblichen Überresten entwichen.

Sie zog ihre Kapuze zurück und enthüllte ihre vielen hypnotischen Augen, die mit Asche umrandet waren, und ihre schuppigen Lippen mit sichtbaren langen, tiefschwarzen Fangzähnen. Sie beugte sich über die Wunde in Xuuyans Rücken und ihre Zunge schnellte aus ihrem Mund, um seinen Tod zu schmecken.

„Rhaast wird enttäuscht sein“, sagte sie mit einer Stimme, die dem nassen Zischen eines Reptils glich. „Er hatte geschworen, Xuuyan eigenhändig zu töten.“ Ihre von Gift geblendeten Lebensträger folgten ihr nach und wirkten sichtlich verunsichert, als sie hörten, wie ihre geschmähte Göttin laut sprach.

Die Anderen näherten sich vorsichtig. Enekai und Syfax betrachteten Ta’anari mit neu gewonnenem Respekt. Die anderen konzentrierten sich auf Xuuyans Tod, aber auch sie hatten Ta’anari bei etwas Unmöglichem beobachtet, sogar für einen Götterkrieger.

Shabaka und Shabake umkreisten die Leiche. Ihre gestutzten Flügel flatterten aufgeregt. Sie trugen den Geruch des Todes wie ein Leichentuch um sich – die Verderbnis, die sie alle berührt hatte, war in diesen beiden am offensichtlichsten.

Onyxfarbene Augen – Augen, die zu viel gesehen hatten – huschten hin und her. „Wir sagten ihm, dass er heute sterben würde, nicht wahr, Schwester?“, sagte Shabaka.

„Sie hören nie zu, oder?“, antwortete Shabake.

Shabaka kicherte. „Nein, nein, höre niemals auf die verrückten Raben. Was können wir schon wissen? Nur alles!“

„Ihr habt das hier vorhergesehen?“, wollte Zigantus wissen.

„Ja, ja, haben gesehen, dass er sein eigenes Horn zu nah beäugen würde. Wir haben es ihm gesagt, aber er hat nur gelacht.“

„Jetzt ist ihm das Lachen wohl vergangen, oder, Bruder?“

„Ja, Schwester.“

„Was habt ihr sonst noch gesehen?“, fragte Syphax.

Die Seherzwillinge kauerten nebeneinander, flüsterten und warfen die kleinen Knochen zwischen ihnen hin und her. Ihre Geister waren während des Kampfes zersplittert worden, in dem die Götterkrieger den großen Spalt in Icathia versiegelt hatten. Niemand, nicht einmal ein Götterkrieger, konnte den Blick der titanischen Wesen erwidern, die im Abgrund wachten und wohnten, ohne dass sich ihr Verstand ein wenig auflöste.

Shabake runzelte die Stirn. „Die Zukunft ist zu eng gewebt, um es zu wissen …“

„Und zu viele mögliche Ergebnisse aus dem Jetzt, um klar zu sehen“, fügte Shabaka hinzu. „Nicht sicher.“

„Wir alle könnten heute sterben. Oder nur wenige“, sagte Shabake. „Vielleicht auch gar keiner. Vielleicht tötest du jetzt Ta’anari, Zigantus, und wir alle können leben.“

„Leben, um uns gegenseitig an einem anderen Tag zu töten!“, gackerte Shabaka.

„Sie will es. Sie ist der Kieselstein, der die Lawine auslöst.“

„Sprecht klar!“, forderte Zigantus. „Wer will was? Kieselsteine? Lawinen? Von wem sprecht ihr?“

„Von ihr!“, kreischte Shabaka und deutete auf die zierliche Gestalt von Myisha hinter Ta’anari. „Sie ist das Lichtlein im Auge der Götter.“

Myisha hielt den Chalicar fest an ihrer Brust wie ein Kind, das die Klinge ihres Vaters umklammert.

Cebotaru knurrte und zog Ta’anari auf seine Füße. Die Statur des Wolfs war schlank, aber ungeheuer mächtig und mit vier kraftvollen, graugefärbten Armen ausgestattet, die zu Fäusten geschlossen waren. „Wovon reden sie?“, knurrte er. “Die da, wer ist sie?”

Ta’anari unterdrückte einen Schmerzensschrei, als die verdrehten Knochen seiner Wirbelsäule zusammenrückten. „Sie ist eine Sterbliche, nichts weiter“, sagte er.

„Du warst schon immer ein schlechter Lügner“, sagte Cebotaru und fletschte seine langen, schiefen Zähne. „Die Wahrheit, Bruder, oder ich reiße dir deine Kehle heraus, bevor du einmal blinzeln kannst.“

„Sie hat mir geholfen, den Chalicar zu finden“, sagte Ta’anari.

Cebotaru schüttelte den Kopf. „Der Gelehrte hat den Chalicar mit Setaka begraben, als er ihren Körper nach dem Untergang von Icathia versteckte. Woher wusste eine Sterbliche, wo er zu finden war?“

„Sie wusste es nicht, aber sie hat mich zu Nasus geführt.“

Die anderen vergaßen Xuuyan und richteten ihre Aufmerksamkeit auf Ta’anari.

„Du hast den Gelehrten gesehen?“, fragte Valeeva und die Stacheln auf ihrem Rücken kräuselten sich vor Erwartung. „Niemand hat ihn gesehen, seit er Moneerah umbrachte, nachdem er sich zu weit in die verkohlten Ruinen der großen Bibliothek von Nashramae vorgewagt hatte.“

„Ich habe ihn gesehen, aber er hat sich seitdem stark verändert. Welche Last auch immer er trägt, sie hat ihn fast gebrochen. Er haust in einem Turm auf einer versteckten Klippe und beobachtet den Tanz der Sterne. Er hat sie gebeten, mich zu finden und zu seinem Turm zu bringen.“

„Warum dich?“, zischte Naganeka. „Warum nicht einen von uns?“

„Ich weiß es nicht“, erwiderte Ta’anari. „Viele verdienen seine Aufmerksamkeit mehr als du.“

„Und du hast mit ihm gesprochen?“, fragte Enekai.

„Ja, das habe ich“, bestätigte Ta’anari.

„Und er hat dir gesagt, wo du Setakas Klinge findest?“

„Ja.“

„Einfach so?“, fauchte Syphax.

„Nein, nicht einfach so“, sagte Ta’anari gereizt und schüttelte Cebotarus Griff ab. Er drehte sich um, um den Chalicar von Myisha zu holen. Die Macht in der Waffe war stark und ruhelos. „Ich erzählte ihm von unserem Krieg und davon, wie wir das Paradies verbrannten und uns gegenseitig wie Tiere zerfleischten. Ich sagte ihm, dass ich die Waffe von Setaka bräuchte, um dieses Blutvergießen zu beenden.“

„Nasus hat uns in dem Moment zurückgewiesen, als Azir fiel“, sagte Zigantus. „Warum sollte er gerade jetzt helfen?“

„Er wies die Sonnengeborenen zurück, weil er die bitteren Eifersüchteleien und verwickelten Rivalitäten sah, die in unseren Herzen brodeln“, sagte Ta’anari. „Er ist auf den vergessenen Pfaden dieser Welt gewandelt, von Kummer durchtränkt und in Erinnerungen an seinen verlorenen Bruder versunken, aber letzten Endes zieht es ihn immer wieder in das Land seiner Geburt zurück.“

Ta’anari holte tief Luft und verzog das Gesicht, als er spürte, wie die magischen Ströme sich in ihm bewegten. Stechender Schmerz bohrte sich von seinem Bauch in sein Herz.

So beginnt also das Ende …

Myisha hatte ihn gewarnt, dass die Magie, die sie ihm beigebracht hatte, unwiderruflich sogar einen Aufgestiegenen verändern würde, da sie die Verbindungen durchbrach, die den unsterblichen Atem der Götter mit seinen menschlichen Gliedern verband. Diese Macht hatte die Schmerzen endloser Schlachten und das Verstreichen von Jahrtausenden in Schach gehalten, aber einige Dinge waren einfach nicht dazu bestimmt, ewig zu leben.

Furcht krallte an seinem Geist. Sie war kalt und ungewohnt, doch schließlich schaffte er es, die schleichende Flut aus Schmerz und Schwäche niederzuringen.

„Du hast Recht, Zigantus. Nasus wird niemals in unserem Krieg kämpfen, aber das heißt nicht, dass er unser Handeln nicht beachtet. Er erzählte mir, dass die Sterne von einer Zeit weit in der Zukunft sprechen, wenn Shurima wieder aus dem Sand emporsteigen wird. Einer Zeit, in der der rechtmäßige Herrscher erneut darum kämpfen wird, die Herrschaft über alles zurückzuerlangen, was verloren gegangen ist.“

„Shurima wird wieder auferstehen?“, fragte Cebotaru, unfähig, seinen Eifer zu verbergen. „Wann?“

„Wir werden nicht mehr leben, um es zu sehen“, sagte Ta’anari. „Nicht alle von uns.“

Shabake schob ihre dürre, huschende Form zwischen sie. Sie stieß ihre gebrechlichen Arme in die Luft, ihre dunklen Augen weit aufgerissen. „Wir alle könnten heute sterben. Oder nur wenige“, kreischte sie.

Syphax schob sie weg. „Der Chalicar“, sagte er. „Wird er eine Rolle in Shurimas Wiedergeburt spielen?“

„Ja“, sagte Ta’anari. „Zum Guten oder zum Schlechten. Er wird ein Symbol für die Menschen von Shurima sein, hinter dem sie sich sammeln können. Ich hatte gehofft, dass er die Wunden zwischen uns heilen könnte – eine Erinnerung an das, was wir einmal waren und wieder sein könnten. Er hätte uns retten können, wenn wir die Chance ergriffen hätten, zur Bruderschaft zurückzufinden, die uns einst unter einem Banner vereint hatte.“

Cebotaru grunzte amüsiert. „Und jetzt kommt die Wahrheit ans Licht. Du hast uns hier versammelt, um das Recht auf die Herrschaft zu beanspruchen, weil du die Waffe unseres größten Champions trägst und vom Gelehrten selbst gesalbt wurdest.“

Ta’anari schüttelte den pelzigen Kopf.

„Nein, ich könnte weder Setaka noch Nasus jemals gleichkommen. Alles, was ich ersucht habe, war ein Ende dieses Krieges. Ich hatte gehofft, wir könnten uns erneut zusammentun, aber ich sehe jetzt, dass das ein unmöglicher Traum war.“

Ta’anari entfernte sich von seinen Brüdern und stellte sich in die Mitte des Amphitheaters. Alle Augen waren auf ihn gerichtet, acht Götterkrieger und Tausende von Sterblichen.

Der Schmerz breitete sich in seinem ganzen Körper aus und er war kaum noch zu ertragen. Ta’anari schluckte und schmeckte den Sand in seinem Rachen. Pelz fiel in winzigen Fetzen von seinem Körper. Jede Bewegung fühlte sich an, als würde zerbrochenes Glas in seinen Gelenken schleifen.

Er drehte sich zu den anderen um.

„Macht ohne Kontrolle hat uns eitel gemacht, hat uns glauben lassen, dass man uns nichts verbieten dürfte. Das hat uns zu armseligen Aufsehern ihrer Welt gemacht und wir verdienen es nicht, ihre Meister zu sein. Einst konnten wir uns das Heer der Aufgestiegenen nennen. Und was ist aus uns geworden? Düstere? Ein Name, von Sterblichen entwürdigt, die nicht mehr verstehen, was wir sind oder wofür wir geschaffen wurden.“

Er hob sein verblassendes Auge zu den Tausenden, die von den Stufen des Amphitheaters aus zusahen. Tränen bahnten sich ihren Weg durch seine schuppende Haut.

„Sie hassen uns und werden um unsere Rückkehr betteln, wenn die Schrecken des Abgrunds wieder auferstehen,“ sagte Ta’anari und begegnete Myishas eifrigem Blick. „Aber wir werden dann nicht mehr hier sein. Wir werden nicht mehr als ein Flüstern im Lied der Winde sein, eine dunkle Legende von unvollkommenen Göttern, die Mütter ihren ungehorsamen Kindern erzählen, wenn sie sie tadeln wollen.“

Mit dem letzten Rest seiner Kräfte rammte Ta’anari den Chalicar in den kristallinen Boden des Amphitheaters. Der Klang war ohrenbetäubend und dröhnte wie ein Hammerschlag gegen den Schleier der Welt. Die Risse seines Einschlags breiteten sich weiter als erwartet aus und der klare Himmel brannte mit dem strahlenden Glanz eines neugeborenen Sterns.

Aber es war kein goldenes Strahlen. Dieses Strahlen war kalt, unbarmherzig und silbern.

„Was die Sonne erschaffen hat, wird der Mond ungeschehen machen!“, schrie Ta’anari.

Eine lodernde Säule aus weißem Feuer schlug vom Mitternachtshimmel aus in der Arena ein.

Das Feuer traf die aufragenden Arme des Chalicars und wurde von ihnen nach außen reflektiert. Sein gleißendes Strahlen zog die Götterkrieger näher zu sich und durchbohrte ihre Brustkörbe. Es verbrannte sie, erreichte das arkane Herz ihres Wesens und verschlang die Magie, die sie hervorgebracht hatte.

Shabaka und Shabake verdampften augenblicklich und verschwanden in einer aschfahlen Wolke aus im Wind treibenden Federn. Ihre Schreie waren ein Gackern der Erleichterung, erfüllt mit resigniertem Vorwissen.

Syphax wand sich im Licht wie ein Fisch an der Angel, aber selbst seine Kraft war im Angesicht dieses kosmischen Feuers bedeutungslos. Der stierköpfige Zigantus versuchte zu fliehen, aber nicht einmal seine legendäre Geschwindigkeit ließ ihn dem von Ta’anari beschworenen Mondfeuer entkommen.

Während seine Haut von seinen Knochen brannte, trieb der Anblick ihres Todes Ta’anari Tränen in die Augen. Sie waren sein Volk und nicht einmal Jahrhunderte des brutalsten Krieges, den man sich nur vorstellen konnte, hatten einen Hass in ihm schüren können.

Er sah, wie Enekai vom Glanz getilgt wurde und sich seine göttliche Hülle im Licht von seinen Knochen löste. Er streckte seine Hand nach Ta’anari aus und in seinen Augen funkelte Akzeptanz, als ihn sein Schicksal ereilte.

Er schluchzte angesichts dessen, wozu er gezwungen worden war.

Das Licht brannte sein verbliebenes Auge aus und eine Welt der Dunkelheit umhüllte ihn. Der letzte Funke Kraft entfloh seinem Körper und er sackte auf dem Glasboden des Amphitheaters zusammen. Er hörte Schreie und das Kampfgebrüll von Menschen, die nichts von den Angelegenheiten der Götter wussten. Mehr Blutvergießen … aber es würde vorübergehen.

Würden die sterblichen Armeen den Krieg fortsetzen, den sein Volk begonnen hatte?

Vielleicht. Aber es wäre ein sterblicher Krieg und er würde enden.

Ta’anari trieb durch die Dunkelheit, verloren in Erinnerungen an glücklichere Tage.

Er versuchte, sich an sein Leben zu erinnern, bevor er die goldenen Stufen hinaufgestiegen war, um zusammen mit Enekai die Sonne zu treffen. Von dieser Zeit war wenig übriggeblieben, verdrängt durch die himmlische Macht, die in seinen Schädel eingedrungen war.

Ta’anari hörte Schritte. Stiefel knirschten über zerbrochenes Glas. Er roch sterbliche Körper, den Gestank von Schweiß und Zerfall.

Es waren Gerüche, die er wiedererkannte. Seine Lebensträger.

Ta’anari hob eine Hand und suchte die Berührung eines anderen Lebewesens, aber niemand nahm sie.

„Sulpae?“, krächzte er. „Bist du das? Teushpa? Idri-Mi? Helft mir, bitte. Ich denke … Ich denke, ich bin wieder sterblich, ich … Ich denke, ich bin wieder menschlich …“

„Ja, das bist du“, sagte eine Stimme, die fast in Gelächter auszubrechen schien.

„Myisha“, flüsterte Ta’anari. „Sind sie alle tot?“

„Nein. Naganeka, Valeeva und Cebotaru entkamen, bevor sie das Feuer treffen konnte. Aber sie sind ziemlich schwach, sie werden wahrscheinlich auf lange Sicht kein Problem darstellen. Es sind die anderen, all jene, die nicht erschienen sind, die nicht so leicht zu fangen sein werden.“

„Nein! Du musst sie erledigen“, keuchte Ta’anari. „Sogar ein verwundeter Götterkrieger könnte diese Welt erobern.“

„Vertrau mir“, besänftigte ihn Myisha, „was wir hier getan haben, stellt den Anfang vom Ende deines Volkes dar.“

„Dann haben wir es also geschafft. Wir haben für Frieden gesorgt.“

Dann lachte sie tatsächlich. „Frieden? Oh, nein – diese Welt wird niemals Frieden finden. Nicht wirklich.“

Ta’anari war verwirrt und versuchte, sich aufzurichten, aber der harte Stoß eines Speerschafts gegen seine Brust stieß ihn zurück.

„Nein, du bleibst unten“, sagte Myisha.

„Bitte, hilf mir auf“, sagte er. „Ich sagte dir doch, ich bin jetzt ein Mensch.“

„Ich habe dich gehört, aber glaubst du, dass diese Tatsache dich von der Vielzahl deiner Sünden reinigt? Denk an all die Leben, die du beendet hast. Bedeutet das Menschsein jetzt, dass dir die Ozeane aus Blut vergeben werden, die du vergossen hast? Sag mir, wie viele Gräueltaten hat es gebraucht, bis dich dein verkümmertes Gewissen endlich zum Handeln gezwungen hat?“

„Ich verstehe nicht“, murmelte Ta’anari. „Wovon sprichst du?“

Myisha kicherte und erschien ihm plötzlich so viel jünger, aber zugleich auch unglaublich alt. Er hörte das Knacken des Chalicars, der aus dem Boden des Amphitheaters gezogen wurde.

„Ich rede davon, dass dein Tod schon lange auf sich warten lässt, Ta’anari“, sagte Myisha. „Einige hat es nicht so schlimm getroffen, schätze ich, aber die meisten von euch wurden durch den Krieg mit der Leere so sehr verdorben, dass es ein Wunder ist, dass ihr überhaupt so lange überlebt habt. Vielleicht waren du und deinesgleichen von Anfang an ein Fehler – aber ihr seid ein Fehler, den ich korrigieren kann.“

Selbst ohne Augen spürte Ta’anari, wie die goldene Macht des Chalicars direkt über ihm schwebte. Obwohl sein Körper verkümmert und fast verbraucht war, schrie er vor Qualen auf, als die Schneide seine Brust spaltete.

Myisha flüsterte in sein Ohr. „Die Kraft, die durch diese Waffe strömte, berührte euch alle, Ta’anari. Sie kennt jetzt euer Volk. Und ich werde dieses Feuer den Sterblichen vermachen.“

Ihre Hände waren in ihm und Ta’anari spürte, wie sein Herz herausgeschnitten wurde, er fühlte, wie es aus dem Käfig seiner Rippen gehoben wurde … und trotzdem lebte er noch.

Zumindest für einige Augenblicke.

„Idri-Mi“, rief sie und reichte ihr Ta’anaris Herz, „bring es zusammen mit dem Chalicar zu deinen Waffenschmieden. Wir müssen einen anderen Weg finden, um den Rest von ihnen auszuschalten. Diese …“

Myisha hielt inne.

„Warte, wie war das alte Wort doch gleich?“

Sie schnippte mit den Fingern.

„Ah, ja. Genau. Düsteren.“


Trivia[]

Für das Original, siehe Zwielicht der Götter.
  • Diese Kurzgeschichte dient als erstes Hauptereignis, um die Düsteren wieder in den neuen Kanon einzubauen.
  • Myisha Myisha war der Wirt des Aspekts des Zwielicht während der großen Düsterenkriege.
  • Es wird enthüllt, dass das Chalicar Chalicar aus Berg Targon Tip dem himmlischen Königreich über Targons Spitze kommt.
  • "Sivunas Alahair, der Regenbringer" könnte anhand der Beschreibung Sivir Sivir sein, allerdings würde das Pronomen nicht ganz passen.
  • Um beim Überzeugen der Ta'anari zu helfen, half Myisha Myisha Sivuana nicht nur dabei, das Chalicar Chalicar zu finden, sondern sie lehrte ihm auch, den Portalsprung Portalsprung zu kanalisieren, um seine Feind zu überlisten und entfesselte eine verstärkte Form Mondsucht Mondsucht, um den Aufstieg der Düsteren umzukehren.
  • Von allen Düsteren sind nur 10 (inklusive Ta'anari) versammelt worden:
    • Xuuyna starb, bevor der Aufstieg umgekehrt wurde.
    • Shabaka und Shabake sind beide sofort von der Mondsucht verdampft worden, während Syphax, Zigantus und Enakai kurz danach starben.
    • Ta'anaris Aufstieg wurde umgekehrt und er wurde wieder menschlich. Myisha Myisha entfernte später sein Herz, obwohl unklar ist, ob dies ihn einfach getötet hat oder ob sie ihn in einer Waffe einschließen musste.
    • Naganeka, Valeeva und Cebotaru entkamen als weiterhin Aufgestiegene. Ob sie immer noch leben oder in Waffen eingeschlossen wurden, ist bis heute unklar.
  • Die drei Kriegerinnen Teushpa, Sulpae und Idri-Mi sind verantwortlich, ihren Waffenschmieden die Herstellung der Waffen zu in Auftrag zu geben, in denen die Düsteren unter Myishas Myishas Anleitung eingeschlossen wurden.
  • Am Ender der Geschichte absorbiert das Chalicar Chalicar die - da ein besserer Begriff im Moment noch fehlt - Essenz der Düsteren-DNA, welche es in Kombination mit Ta'anaris Herz Menschen erlaubt, die Waffen, in denen die Düsteren eingeschlossen sind, zu einem späteren Zeitpunkt erneut maßzuschneidern. [1]

Referenzen[]

Geschichte und Ereignisse
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