"Das Grenzland kann sein, was immer du willst."
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Geschichte[]
Okay, ich gebe zu, als ich ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen habe, habe ich vielleicht etwas überreagiert.
„.“ Ich spreche zwar mit ruhiger Stimme, aber ich spüre, wie meine Hände in den Ofenhandschuhen, die ich immer noch trage, schweißnass werden. Ich darf das Abendessen nicht vergessen. Meine Faust hält die Türklinke krampfhaft umschlossen. Lulu beendet ihren verträumten Tanz durch den Flur und kommt zu mir herüber. Ich atme noch einmal tief durch, dann beginne ich das Gespräch. „Weißt du, warum vor der Tür stehen?“
„Ja“, sagt sie und nickt. Sie reckt sich in die Höhe. „Du hast gesagt, der Rat der Sternenwächter hält eine ob-li-ga-to-rische Sitzung ab.“
Wäre ja auch zu schön gewesen. Ich lasse instinktiv den Türgriff los, als Lulu jede dieser Silben betont, um eine superpositive – aber unnachgiebige – -Imitation zu präsentieren.
Das habe ich tatsächlich gesagt.
Zu .
Die immer noch nicht hier ist.
Lulu strahlt und greift nach der Türklinke. „Sie sind Sternenwächter, stimmt’s?“
Ich nicke stumm.
„Toll“, sagt sie und reißt die Tür auf.
Die drei stehen immer noch auf der Veranda, allerdings in völlig anderen Positionen. war anscheinend gerade dabei, die wesentlich genervtere zu besänftigen.
Nein, nicht ‚Sarah‘, erinnere ich mich. Sarah nennen sie nur ihre Freunde. Das hatte ich auf die harte Tour gelernt, als wir letzten Sommer zusammen unterwegs waren.
Miss Fortunes typisches Grinsen ist einer zornigen Grimasse gewichen, während sie wütend eine Nachricht in ihr Handy tippt. Hinter ihr steht , das zurückhaltende Mädchen mit dem pastellgrünen Haar. Sie trägt eine Transportschachtel von „ Backwaren“. Sie sehen aufmerksam zu mir herüber und überlegen wahrscheinlich, ob ich auch diesmal die Tür zuknallen werde. Ich kann die viel zitierten Grillen im Gebüsch zirpen hören.
Lulu reagiert auf das peinliche Schweigen, indem sie Ezreal und Fortune an den Handgelenken packt und hinter sich ins Haus zieht. Fortune ist so verblüfft, dass sie bereitwillig folgt und dabei fast ihr Handy fallen lässt. Als Ezreal mich im Vorbeigehen auf seine unnachahmliche Art angrinst, spüre ich die Röte in mein Gesicht steigen. Ich winke kleinlaut mit dem Ofenhandschuh.
Soraka lehnt sich zu mir herüber und flüstert „Zimtschnecken“ in mein Ohr, wie ein Erkennungswort unter Spionen. Lächelnd überreicht sie mir die schwere Schachtel, dann huscht sie den anderen hinterher.
Aus dem Wohnzimmer höre ich Lulus Stimme. „Willkommen zu unserer Sternenwächter-Pyjamaparty!“
Ich fühle mich unwohl.
Das Ticken der Küchenuhr verrät mir, dass eine weitere Minute in dieser unangenehmen Stille vergangen ist. Ezreal sitzt eingezwängt auf der kleinen Couch, zwischen Fortune, die immer noch auf ihrem Handy tippt, und Soraka, die still dabei zusieht, wie Lulu an einer Zimtschnecke knabbert. Janna und Poppy haben auf den harten Stühlen Platz genommen, die Lulu aus dem Esszimmer geholt hat. Lulu beugt sich über den Couchtisch und faltet kunstvoll ein Blatt Papier. Ich habe keine Ahnung, was sie da bastelt, aber ihr leises Summen ist neben dem Ticken der Uhr das einzige wahrnehmbare Geräusch.
Ich gehe, wie so oft, nervös auf und ab.
Fortune ist die Erste, die das Schweigen bricht. Sie hört auf zu tippen, seufzt angewidert und legt dann endlich ihr Handy umgedreht auf ihrem Schoß ab, so dass die kleinen pistolenförmigen Anhänger, die daran befestigt sind, laut klimpern. Erst jetzt betrachtet sie das Zimmer eingehend: vom verblassten Muster der Vorhänge bis hin zur beigen Couch. Die Enttäuschung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Als sie sich zurück in das Polster sinken lässt, lehnt sich Ez ein Stück vor.
„Macht ihr das regelmäßig?“, fragt er. „Solche Treffen veranstalten?“
und starren ihn an. Poppy ist immer noch ein Rätsel, warum Ez zum Sternenwächter auserwählt wurde. Ich habe ihr schon mehrfach erklärt, dass der Erste Stern jeden von uns aus einem bestimmten Grund auswählt. Sie verschränkt ihre Arme und beobachtet ihn argwöhnisch.
„Ja. Macht dein Team das etwa nicht?“ fragt Janna. Äußerlich wirkt sie ruhig, ich spüre jedoch einen leichten Luftzug durch das Zimmer wehen, obwohl der Deckenventilator ausgeschaltet ist. Offenbar ist sie aufgrund ihrer Anwesenheit genauso nervös wie ich.
„Ahri …“, beginnt Ez und sieht dann zu Fortune hinüber. Fortune rollt mit den Augen und schüttelt den Kopf, so dass ihr perfekt frisierter Pony wippt. Ez fährt fort. „Also, Ahri ist eigentlich lieber unterwegs und draußen, unter Menschen. Sie ist nicht so der Stubenhocker und findet, dass daheim auch meistens nichts passiert.“
Na toll. Sie halten uns also für Stubenhocker. Das wird ja immer besser!
„Ist das der Grund, warum und sie nicht gekommen sind? Haben sie etwas Besseres zu tun?“, fragt Poppy. Sie tritt in einem ungeduldigen Rhythmus immer wieder mit dem Fuß gegen das Stuhlbein. Als der Name Syndra fällt, erstarrt Janna.
Soraka versucht, schnell das Thema zu wechseln. „Eure Freundin, die mit den langen roten Zöpfen –“
„Die Laute“, fällt ihr Fortune ins Wort. „Die mit dem Raketenwerfer.“
„Und den Glitzerbomben“, ergänzt Soraka. „Kommt sie heute Abend eigentlich?“
„Jinx? Sie kommt doch immer etwas zu spät.“ Ich werfe einen Blick auf die Uhr. „Sie liebt den großen Auftritt.“ Kaum habe ich den Satz beendet, öffnet sich auch schon die Haustür und fällt mit einem lauten Knall zurück ins Schloss. Ich vernehme das vertraute Geräusch, wie ihre Tasche mit Shiro, Kuro und ein paar Feuerwerkskörpern im Flur auf den Boden fällt.
„Luxy-Puh! Windspiel! Dreikäsehoch!“, flötet Jinx. „Ich bin zu Hause!“
Jinx schlendert ins Wohnzimmer, wo Lulu gerade triumphierend ihre Bastelarbeit fertigstellt. Jinx zieht ihre Sonnenbrille bis zur Nasenspitze herunter. Es ist dunkel draußen. Schon seit über einer Stunde. „Wie ich sehe, habt ihr mit der Party ohne mich angefangen.“ Jinx lächelt und genießt es offensichtlich, dass alle Augen auf sie gerichtet sind. Bis ihr Blick auf Ez fällt, der zwischen den anderen auf der Couch eingezwängt ist.
„Oh, er ist auch da“, sagte sie, und ihre Überschwänglichkeit entweicht wie die Luft aus einem undichten Luftballon. Sie zupft an Lulus Haarschleife und ihre Aufmerksamkeit wandert auf die Art überdimensionierte Papierklammer, die die junge Sternenwächterin in den Händen hält. „Was ist denn das, Lu?“
Lulu zieht ihre Hände aus den Papierfalten und schlingt ihre Arme um Jinx. „Ich brauche noch eine Zahl.“
Ich bleibe stehen, um mir das sternförmige Papiergebilde, das Lulu gebastelt hat, genauer anzusehen. Es ist „Himmel und Hölle“. So etwas habe ich seit der Grundschule nicht mehr gesehen. Die Zahlen auf den Klappen geben vor, wie oft der Wahrsager es öffnen und schließen muss, wobei die zuletzt gewählte Zahl irgendein mysteriöses Schicksal offenbart. Mir wurde jedes Mal Verdammnis prophezeit. Vielleicht, weil ich immer mit Jinx gespielt habe.
„Vier“, sage ich. Vielleicht können wir Lulus Papierprojekt ja rasch beenden.
„Zwölf“, sagt Jinx.
Zweihundertsechsundvierzig“, sagt Fortune. Ihr süffisantes Grinsen ist zurück.
„Zweihundertsechsundvierzig, gut.“ Lulu lächelt Fortune zu, schnappt sich einen Stift vom Couchtisch und kritzelt die Zahl auf einer der Klappen. Lulu setzt sich vor Soraka auf den Boden, bietet ihr an, das „Himmel oder Hölle“-Spiel zu befragen und fordert sie auf, eine Zahl zu wählen, damit das Spiel beginnen kann.
„Flechtet ihr euch auch gegenseitig die Haare?“ Fortune beobachtet Lulu und Soraka und hat nichts als Sarkasmus für die beiden übrig.
„Nein –“ beginne ich.
„Hin und wieder“, sagt Poppy zeitgleich, um die ahnungslose Lulu in Schutz zu nehmen. Janna nickt begeistert.
Uff. Können die sich vielleicht mal zusammenreißen?
„Ich wollte sagen, nein, nicht immer. Wir frisieren einander nicht jedes Mal“, stammle ich. „Ich meine, wir besprechen Dinge, die uns als Team betreffen. Wichtige Sternenwächter-Angelegenheiten.“ Ich huste. „Du weißt schon, das Universum retten.“
„Und einander die Haare flechten“, fügt Poppy wahrheitsgemäß hinzu.
Fortune rollt mit den Augen und widmet sich wieder ihrem Handy.
„Überspringen wir doch einfach den üblichen Pyjamaparty-Quatsch und widmen uns gleich den ernsten Sternenwächter-Themen“, schlage ich vor.
„Laaaaangweilig“, erwidert Jinx. Ihr Blick ist auf Lulu gerichtet, die das Papierspiel langsam für Soraka öffnet und schließt. „Wollen wir nicht lieber ein schnelleres Spiel mit mehr Konsequenzen spielen?“ Ich höre das Klicken, was bedeutet, dass Shiro und Kuro aufwachen.
Ezreal klatscht aufgeregt und reibt sich die Hände. „Klingt gefährlich. Ich bin dabei.“
„Großartig. Fangen wir an.“ Jinx lächelt, wendet sich dann aber schnell Ez zu. „Wahrheit. Oder. Pflicht. Ist es wahr, dass du romantische Gefühle für unsere Luxanna hegst?“
„Jinx!“, schreie ich.
Ez öffnet seinen Mund wie ein Fisch auf dem Trockenen. Auf diese Art von Spiel war er definitiv nicht vorbereitet.
„Wahrheit“, sagt Janna laut und löst dadurch die aufkommende gespannte Atmosphäre im Raum, als würde sie eine Kerze ausblasen. Alle blicken sie an.
„Ez muss die Frage beantworten“, fordert Jinx und beobachtet, wie Ez’ Gesicht rot anläuft.
„Freiwillige zuerst“, sagt Poppy. „So lautet die Regel.“
„Na gut“, sagt Jinx sichtlich unzufrieden. „Ist es wahr, dass du älter bist als Poppys Hammer?“
Ich sehe Jannas Blick von Jinx zu Poppy wandern. Jinx beobachtet begeistert, wie Janna für einen Moment aus dem Konzept gerät, während Poppy geistesabwesend den Griff des Hammers berührt, den sie gegen ihren Stuhl gelehnt hat. Jannas Blick bleibt einen Augenblick auf Soraka haften, bevor er weiterschweift. „Falsch.“
Poppy betrachtet ihren Hammer mit neuer Ehrfurcht und Respekt.
„Wirklich?“ Jinx hebt eine Augenbraue. „Aber es ist wahr, dass der Hammer der Kurzen mehr Persönlichkeit hat, oder?“
„Du darfst ihr keine zweite Frage stellen, Jinx“, erklärt Poppy. „Jetzt ist Janna mit Fragen an der Reihe. So lautet die Regel. Also, Janna, wer soll es sein?“
„Soraka“, sagt Janna sanft. „Wahrheit oder Pflicht?“
Soraka isst gerade eine Zimtschnecke und sieht Lulu aufmerksam dabei zu, wie sie das „Himmel oder Hölle“-Spiel öffnet und schließt, während sie leise zählt. Shisa sitzt auf Sorakas Schulter und beobachtet die ganze Sache stirnrunzelnd. Er hat zwar keine Ahnung, was Lulu da überhaupt macht, aber er will sichergehen, dass es mit höchster Effizienz vollzogen wird. Ohne eine Zahl auszulassen – und zu Shisas äußerster Zufriedenheit – stupst Lulu mit dem Ellbogen gegen Sorakas Knie, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass sie jetzt in diesem Gruppenspiel an der Reihe ist.
„Ja“, lächelt Soraka leicht abwesend. „Das bin ich.“
„Wahrheit oder Pflicht?“ Poppy, die ihre Pflichten als selbsternannte Schiedsrichterin sehr ernst nimmt, wiederholt es noch einmal für Soraka.
„Äh, Wahrheit“, sagt Soraka.
Janna denkt einen Moment nach. „Woran erinnerst du dich –“
„Also“, unterbricht Soraka sie vor lauter Aufregung, auch am Spiel teilnehmen zu dürfen. „Ezreal und ich waren vorhin in Pantheons Laden. Ich habe mir eine Zimtschnecke gegönnt. Er bestellte sich einen Eiskaffee, aber ohne Milch, weil sein Magen auf Laktose empfindlich reagiert –“
Poppy schnalzt mit der Zunge. „Janna, die Frage muss mit ‚wahr‘ oder ‚falsch‘ beantwortet werden können.“
Soraka setzt sich aufrecht hin, zieht ihre Beine unter sich und wartet. Zephir schwebt aus dem Esszimmer herein und macht es sich auf Jannas Schoß gemütlich. Als Janna ihren Begleiter mit der Hand berührt, fährt eine sanfte Brise durch sein Fell.
„Soraka.“ Jannas Stimme ist leise und ruhig, kaum mehr als ein Flüstern. „Ist es wahr, dass du dich an eine Zeit erinnern kannst, als der Erste Stern noch ganz war?“
„Aber ja.“ Soraka nickt mit dem ganzen Körper. „Ich meine, es ist wahr.“
Plötzlich wird es im Zimmer unheimlich still. Sie blickt sich um. Wir alle starren sie an. Jinx kann sich nicht mehr daran erinnern, was sie heute zu Mittag gegessen hat. Sogar Poppy und Lulu können nur noch sagen, wie es war, als man sie berufen hat. Ich habe Janna Fragen über den Ersten Stern und insbesondere dessen Wegweisung gestellt, aber die Erinnerungen sind selbst für sie bruchstückhaft und undeutlich.
„Moment mal, von euch kann sich keiner daran erinnern?“ Sorakas Stimme zittert etwas. „Aber …“
„Du darfst nur einer Person eine Frage stellen, Soraka“, fällt Poppy ihr mit den Regeln des Spiels ins Wort. „Und diese Person muss sich aussuchen, ob sie Wahrheit oder …“
„Schon kapiert, Mini“, platzt Jinx dazwischen und wechselt das Thema, bevor Janna oder ich noch weitere Fragen zu Sorakas Erinnerungen stellen können. Ich muss sie später in einer ruhigen Minute noch einmal darauf ansprechen.
„Ich bin dran mit Aussuchen. Also schön, hmm …“ Soraka beißt sich auf die Unterlippe und dreht sich dann zur Seite, damit sie Ezreal ansehen kann. „Ez. Ich wähle Ez!“
„Das ist nicht fair. Ich wollte Ez drannehmen“, schmollt Jinx.
Poppy schüttelt den Kopf. „Du warst schon dran.“
„Meine Damen, bitte. Es gibt genug Abenteuer für alle.“ Ez verschränkt die Hände hinter seinem Kopf und lehnt sich auf der Couch zurück. Fortune zieht eins der kleinen Kissen hinter sich hervor, schüttelt es auf und schleudert es mit Wucht zurück in die Couch und Ezreal, womit sie ihm praktischerweise wortwörtlich den Wind aus seinen charmanten Segeln nimmt. Ich halte mir einen der Ofenhandschuhe, die ich immer noch trage, vors Gesicht und unterdrücke ein Kichern.
Ez errötet und versucht, würdevoll wieder zu Atem zu kommen.
„Pflicht“, röchelt er mühsam. „Ich wähle Pflicht.“
„Ich … will, dass du …“ Soraka legt immer wieder Pausen zwischen den Worten ein und schaut besorgt hinüber zu Poppy, um sich zu vergewissern, dass sie es auch richtig macht. Poppy nickt. Ez wartet gespannt ab. „Ich will, dass du das machst, was du so machst“, sagt sie schließlich.
Ez zuckt mit den Schultern, er hat keine Ahnung, wovon Soraka spricht.
„Du weißt schon, das, was du immer machst. Mit Yuuto“, fügt Soraka hinzu und klatscht aufgeregt in die Hände. „Und dieses Portaldings.“
„Oh, das. Cool. Klar, kann ich machen.“ Ez steckt seine Hand in seinen Rucksack und tippt auf sein hellblaues Zeichen der Sternenwächter. „He, Kumpel – wach auf. Dein Auftritt.“
„Portale? Portale klingt gefährlich“, sagt Poppy, während ein Begleiter mit weißen Flügeln ins Zimmer hopst. Er springt mit gespreizten Flügeln in die Luft und seine hellblauen Augen strahlen in derselben Farbe wie die von Ezreal.
„Portale sind gefährlich. Sehr gefährlich. Aber zum Glück habt ihr ja mich. Und das hier ist strenggenommen kein Portal. Im Grunde ist es nur eine Abkürzung durch eine andere Dimension.“ Ez grinst Poppy schief an und sieht sich im Zimmer um. Sein Blick fällt auf eine schwarze Buchstütze aus Ton und eine kleine Topfpflanze. „Also gut, Soraka, glaubst du, die Buchstütze ist für eine kleine Demonstration von arkaner Magie geeignet?“
Soraka schüttelt den Kopf und rümpft die Nase. Zwischen Yuutos zwitscherndem Trällern höre ich Lulu, die immer noch vollkommen konzentriert ist.
„Zweihundertvierundvierzig. Zweihundertfünfundvierzig“, zählt sie. „Zweihundertsechsundvierzig!“, verkündet sie triumphierend. „Wir sind fertig, Soraka.“ Lulu wedelt das Papierorakel in ihrer Hand herum.
„Himmel und Hölle!“ Soraka kichert. „Das hätte ich beinahe vergessen.“
„Himmel und Hölle, also!“ Ez spricht zu seinem Begleiter. „Yuuto, auf geht’s. Wir zeigen ihnen, wo’s lang geht.“
Yuuto fliegt in einem Bogen durch die Luft und dreht sich zu Ez. Zunächst scheint sich Yuuto auf Kollisionskurs mit Ez zu befinden, aber in letzter Sekunde verschmelzen beide und Ez erhält ein prächtiges Paar weißer Schwingen, die das Zimmer ausfüllen. Weniger als eine Sekunde später verschwindet Ez durch ein waberndes Portal, nur um über Lulu schwebend wieder aufzutauchen. Er schnappt sich das „Himmel oder Hölle“-Spiel aus ihrer Hand.
„Ich leih mir das mal kurz aus“, verkündet er. Kurz darauf blitzt er auf der Couch wieder auf und lehnt sich ohne Flügel bequem zurück in die Kissen, während Yuuto genüsslich schnurrt. Er klappt das gefaltete Papier auf und liest den Wahrsagespruch laut vor. „‚Das Glück kann nicht anklopfen, wenn du keine Tür baust.‘ Hm. Das gefällt mir, Lulu.“
Poppy stöhnt. „Das hat sie von den Glückskeksen abgeschrieben, die wir gestern Abend als Geschenk nach dem Essen bekommen haben.“
„Das ist nicht ihre Wahrsagung“, sagt Lulu. Sie zeigt auf den rechten Falz. „Die nächste ist es.“
Ez faltet die andere Richtung auf und liest der Gruppe vor, was dort steht. „Nur in der Finsternis kann das Licht hell leuchten.“
„Das hat der Erste Stern mir gesagt“, erklärt Lulu.
„Der Erste Stern spricht mit dir?“ Fortune legt ungläubig ihren Kopf schief. „Immer noch?“
„Ja“, ein gelassenes Lächeln liegt auf Lulus Gesicht. „Ezreal, wenn du so ein Portal öffnest, was sagtest du noch, wo du dann hingehst?“
„Oh-oh“, flüstert Ezreal.
„Was soll das heißen, oh-oh, Freundchen?“ Jinx beugt sich zu Ez hinüber, während dieser Mühe hat, das gefaltete Papier festzuhalten.
„Kann sein, dass wir das hier loswerden müssen.“ Ez lächelt zaghaft. „Und zwar auf der Stelle.“
Bevor jemand diesen Vorschlag aufgreifen kann, macht sich das „Himmel oder Hölle“-Spiel in Ez’ Händen selbstständig. Es wirbelt durch das Zimmer wie ein besessenes Herbstblatt. Ein hohes Surren ertönt und wird immer lauter. Es scheint aus dem Wahrsagespiel zu kommen.
Das Papier faltet sich ein paar Dutzend Mal auseinander und wieder zusammen und stößt schließlich eine kleine, kompakte Kreatur aus – sie ist schwarz, grün und leuchtet. Alle sind aufgesprungen.
„Hast du gerade einen lästigen, zwischendimensionalen Dämon als blinden Passagier in Lux’ Wohnzimmer mitgebracht, indem du deine Ist-ja-kein-Portal-Portalfähigkeit benutzt hast?“, fragt Jinx und beobachtet das widerspenstige kleine Monster, das von der Coucharmlehne auf den Boden springt.
„Es wäre möglich“, flüstert Ez. „Für arkane Magie gibt es keine Bedienungsanleitung.“
„Na, großartig“, sagt Jinx.
Ez sieht mich an und bildet mit den Lippen das Wort Tschuldigung.
„Das ist bisher erst einmal passiert“, sagt er.
Fortune stößt Ez ihren Ellenbogen in die Rippen.
„Na gut“, berichtigt Ez sich, „vielleicht ist das schon mehr als einmal vorgekommen. Vielleicht sechs oder sieben Mal, aber das ist wirklich keine große Sache.“
Die kleine Kreatur hüpft auf den Couchtisch. Ich sehe nur noch, wie Poppy mit ihrem Hammer weit ausholt und zuschlägt. Holz kracht und der Couchtisch zersplittert. Den kann mit Sicherheit niemand wieder zusammenzimmern. Die dunkle Gestalt huscht unversehrt davon.
Janna steht auf und streckt ihre Arme in Richtung der Kreatur aus. Ein Windzug baut sich auf, weht die Trümmer des Couchtischs umher und lässt die Blätter eines Buchs flattern, das gerade noch darauf gelegen hatte.
„Ich mach das schon, Janna.“ Jinx kehrt aus dem Flur zurück, Shiro und Kuro dicht auf ihren Fersen.
„Nein“, sagt Fortune. Ich drehe mich ruckartig zu ihr und sehe, wie Fortune eine ihrer glänzend weißen Pistolen auf mein Gesicht gerichtet hat.
„Meine Güte, Sarah. Nicht so schnell. Das ist ein bisschen zu nah, meinst du nicht?“ Ez versucht, einen Schritt auf sie zuzugehen, um ihre Waffe zur Seite zu drücken. Ich spüre, wie sich mein Magen zusammenkrampft, während Adrenalin durch meinen Körper schießt. Das war die ganze Zeit ihr Plan. Das Glück hat mich verlassen. Sie wird mir ein Ende bereiten.
„Fortune …“
Kaum haben die Worte meine Lippen verlassen, da höre ich, wie der Abzug durchgedrückt wird.
„Zeit, sich zu verabschieden“, sagt sie. Ein scharfes Platzgeräusch wie von einem Ballon ist zu hören. Ich ziehe meine Hände vor mein Gesicht und stelle schnell sicher, dass meine Nase und meine Augen noch unversehrt und dort sind, wo sie hingehören. Eine Sekunde später gibt es keinen Dämon mehr und winzige Papierschnipsel regnen von oben auf alle herab, als das Wahrsagespiel zu Konfetti explodiert. Es sieht so aus, als würde es in meinem Wohnzimmer schneien. Lulu tanzt darin herum, war ja klar.
„Seht ihr? Jetzt ist es wirklich eine Party“, ruft sie begeistert. Shiro und Kuro rollen gemeinsam durch die Überreste des Couchtischs, während Shisa aufgrund ihrer Freude über sinnlose Zerstörung völlig verstört wirkt.
Leider ist meine Erleichterung darüber, unversehrt zu sein, nur von kurzer Dauer. Ein zorniges Piepen alarmiert uns, als Rauchschwaden durch das Haus ziehen, die aus der Küche stammen.
„Riecht angebrannt“, stellt Jinx fest.
Oh, nein. Das Abendessen.
In der Küche ist die Luft dicker. Was als Abendessen für das Team gedacht war, ist jetzt nur noch ein verkohlter Klumpen, der fest auf dem Backblech klebt. Ich huste und wedle mit den Ofenhandschuhen herum, die ich immer noch trage, um den Rauch um mich herum zu vertreiben. Ich öffne das Fenster und lasse die kühle Luft herein. Endlich schaltet der Alarm sich ab.
Tränen steigen mir in die Augen. Ich rede mir ein, dass der Rauch und dieses Chaos im Ofen daran schuld sind, aber ich bin ziemlich sicher, dass das es an dem Chaos im Wohnzimmer liegt.
„Alles ist ruiniert.“ Meine Stimme klingt erbärmlich und leise, sogar in meinen Ohren.
Dann höre ich schlurfende Schritte auf dem Fliesenboden. Janna oder Ez müssen sich mutig in den Rauch gestürzt haben, um mir etwas Trost zu spenden. Ich wische mir schnell über die Augen. Als ich mich umdrehe, erwartet mich eine Überraschung.
Es ist Fortune.
„Also, das ist mit Sicherheit ungenießbar“, sagt sie.
Ich nicke zustimmend. „Auf jeden Fall.“
Fortunes Handy vibriert, als sie eine Nachricht erhält. Das ist sicher Ahri, die ihr erzählt, was all die coolen Kids gerade machen.
„Wahrscheinlich hattest du dir deinen Freitagabend anders vorgestellt“, greife ich ihr vor.
Ich kratze an den verbrannten Stücken herum, die auf der Aluminiumfolie kleben und eigentlich unser Abendessen hätten sein sollen. „Tut mir leid, dass Lulu dich in all das hier reingezogen hat. Das Abendessen ist ruiniert. Die Party ist ruiniert. Ich kann absolut verstehen, wenn du gehen willst. Wir kriegen das schon alleine hin.“
Argh. Viel zu viele Worte. Wieso kann ich in ihrer Gegenwart nicht aufhören zu reden? Ich atme tief durch und fange noch mal an, um es deutlicher zu sagen.
„Fortune …“
„Sarah“, unterbricht sie mich. „Du kannst mich Sarah nennen.“
„Ich dachte, Sarah wäre für Freunde reserviert“, sage ich.
Fortunes Handy vibriert erneut. Sie ignoriert es und steckt es in ihre Gesäßtasche. „Ich bin hier, um mich zu entschuldigen. Du hast vorhin ganz schön panisch ausgesehen.“
„Hast du schon mal in die Mündung einer deiner Pistolen geblickt?“
„Nein, ich schätze nicht“, kichert sie. Ihr Tonfall wird ernster. „Du musst wissen, dass ich einem anderen Wächter niemals etwas antun würde. Niemals.“
Ich nicke. Hinter ihrer Aussage steckt noch mehr, ein Schmerz, den sie nicht ganz verarbeitet hat.
„Ich weiß, dass Ez mal wieder Chaos angerichtet hat. Das macht er manchmal, aber wäre es für dich in Ordnung, wenn wir bleiben? Soraka würde es zwar völlig reichen, wenn wir nur Zimtschnecken als Abendessen hätten, aber Ez hat Pizza bestellt, um sich für das Missgeschick mit dem Portal zu entschuldigen. Aber ich würde wirklich verstehen, wenn es dir lieber wäre, dass wir gehen …“
Ich halte eine Hand samt Ofenhandschuh hoch. Jetzt scheint Sarah viel zu viele Worte zu sagen.
„Moment mal, ihr wollt bleiben?“
Sarah klappt den Mund auf, wird aber von Lulu unterbrochen, die völlig aus dem Häuschen in die Küche hopst. Um sie herum fällt ein Strauß aus pastellfarbigem Stoff und Schleifchen bis auf den Boden. Sie drückt mir und Sarah ein Bündel aus getrimmtem, weißen Flanell in die Arme.
„Die sind für euch“, flötet sie, bevor sie wieder hüpfend die Küche verlässt.
„Lulu, Kleines“, rufe ich ihr hinterher. „Was soll das sein?“
Sarah hält das, was sie bekommen hat, in Schulterhöhe vor sich und begutachtet Lulus Werk.
„Du hast recht“, sagt sie lächelnd. „Normalerweise verbringe ich meine Freitagabende nicht auf diese Weise, aber ich glaube, diese ganze Sache mit der Pyjama-Party könnte tatsächlich Spaß machen.“
„Wirklich?“
„Nun, ja.“ Ihr Grinsen wirkt plötzlich irgendwie schelmisch. „Und ich wollte schon immer wissen, wie Ezreal mit geflochtenen Zöpfen aussieht.“Media[]
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